„Wir glauben an unsere Idee und wir glauben an die Jungs“ – GWD-Geschäftsführer Nils Torbrügge im Interview

Veröffentlichung: 22. Juli 2025

Der fünfte Erstliga-Aufstieg ist exakt ein Jahr nach den Feiern zum 100. GWD-Geburtstag ein nachträgliches Geschenk für GWD Minden.  GWD Geschäftsführer, Nils Torbrügge, freut sich über den sportlichen Erfolg. Doch die Aufgaben werden nicht weniger. Im Interview spricht der 33-Jährige über den neuen Kader, Gespräche in der Bäckerei und die verschobene Heimkehr in die Kampa-Halle. Wirtschaftlich, so sagt er, stehe GWD auf Platz 18 der 1. Liga. Sportlich soll es mehr sein: „Wir wollen überraschen!“

Zurück in der Bundesliga. Wie groß ist die Freude?

Die Freude ist riesig. Das war ein Kraftakt über zwei Jahre hinweg – sportlich, wirtschaftlich und organisatorisch. Dass wir uns jetzt belohnen konnten, fühlt sich einfach gut an. Für den Verein, das Team, unsere Fans, Partner und alle Mitarbeitenden, die jeden Tag dafür arbeiten, GWD voranzubringen. Das ist ein gemeinsamer Erfolg.

Anfang Mai hat die Mannschaft den Aufstieg fast noch verspielt. Wie groß war Ihre Sorge, als der TV Hüttenberg auf den zweiten Platz geklettert war?

Natürlich war die Sorge da. Man ist nie ganz frei davon, gerade wenn man weiß, wie eng es in dieser Liga zugeht und wie viel an einem einzelnen Wochenende hängen kann. Aber wir haben den Fokus bewahrt und das gemacht, was in unserer Hand lag – unser Spiel gewinnen. Dass es am Ende gereicht hat, war vielleicht sinnbildlich für unsere Saison: Es war nicht immer souverän, aber immer mit Charakter.

Was sind die wichtigen Komponenten des Erfolgs?

Die Antwort ist eher unromantisch. Wir haben die richtigen Voraussetzungen geschaffen. Einerseits sind das die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, damit wir die richtigen Spieler verpflichten konnten. Andrerseits war es die gute Arbeit der Mannschaft und des Trainers. Wir hatten auch mal Glück.

Können Sie das konkretisieren?

Wir können uns auf viele langjährige Partner verlassen, die uns auch in der 2. Liga unterstützt haben. Wir haben einen tollen Rückhalt der Fans erlebt, die uns auch im zweiten Jahr in Lübbecke großartig unterstützt haben. Und das, obwohl wir sie in der Vorsaison bestimmt nicht immer verwöhnt haben. Die Mischung im Team hat gepasst mit Eigengewächsen, die uns schon lange tragen, jungen Spielern, die ihre Aufgaben gut bewältigt haben wie Lucas Grabitz oder Jan Diekmann. Und dann sind alle Neuzugänge voll eingeschlagen. Alex Weck, Ian Weber, Philipp Vorlicek und Tom Bergner haben sich perfekt eingefügt. Auch die Spieler, die nicht viel gespielt haben, haben ihren Beitrag geleistet und sich nicht versteckt. Dann hatten wir Glück, dass wir zum richtigen Zeitpunkt Adam Nyfjäll nach der Verletzung von Tom Bergner verpflichten konnten. Ich werde nicht vergessen, wie wir in Hannover in einer Bäckerei gesessen haben und ich ihn überzeugen konnte. Er hat uns sehr geholfen.

In der 2. Liga gehörte GWD wirtschaftlich zu den stärksten Klubs. In der 1. Liga wird das anders sein. Wie weit ist GWD dort von der Konkurrenz entfernt?

Wir werden unseren Etat ausbauen, allein schon, weil Fernsehgelder und Namensrechte stärker ausgeschüttet werden. Partner werden uns stärker unterstützen. Der Dauerkartenverkauf läuft prima an, ich erwarte ein Zuschauerplus im Vergleich zur Vorsaison. Aber trotzdem werden wir den kleinsten Etat der 1. Liga haben. Aus dieser Rolle heraus wollen wir überraschen.

Weiß man, mit welchen Etats die Konkurrenz an den Start geht?

Nicht offiziell. Die Zahlen gibt es nicht. Auch nicht bei uns. Man könnte sagen: Da, wo es bei uns aufhört, fängt es bei den anderen an. In die Etats fließen unterschiedliche Faktoren ein, das macht Vergleiche schwierig. Vergleichen ließe sich am ehesten der Personaletat.

Und auf welchem Platz steht GWD bei den Personalkosten?

Auch auf Platz 18.

Sie haben sechs neue Spieler verpflichtet, die meisten bereits zu einem Zeitpunkt, bevor der Aufstieg feststand. Warum kommen die Spieler nach Minden zu GWD?

Weil sie spüren, dass hier etwas wachsen kann. Wir haben klar kommuniziert, was wir vorhaben – unabhängig von der Ligazugehörigkeit. Viele Spieler schätzen unsere Professionalität, die Atmosphäre im Klub und die Entwicklungsmöglichkeiten. Minden hat sportlich, aber auch menschlich einen guten Ruf im Handball.

Die neuen Spieler sind allesamt im reiferer Handball-Alter von 25 Jahren oder älter. Welche Idee steckt dahinter?

Wir wollten Stabilität. Spieler, die Erfahrung mitbringen, mit Druck umgehen können und gleichzeitig noch Entwicklungspotenzial haben. Wir glauben an ihre Qualität – und daran, dass sie unsere jungen Spieler führen und tragen können.

Welchen Eindruck haben Sie von der neu zusammengestellten Mannschaft?

Sehr positiv. Es ist früh, aber man merkt, dass die Neuen sehr bewusst gewählt wurden. Es gibt eine gute Energie, eine hohe Bereitschaft zur Zusammenarbeit und ein echtes Wollen. Wir werden die Mannschaft in der Vorbereitung weiterentwickeln und ihr eine klare Struktur geben.

Ist die Mannschaft stark genug für die Bundesliga?

Wir sind realistisch: Es wird eine riesige Herausforderung. Aber ja – mit harter Arbeit, Teamgeist und einem guten Start sind wir in der Lage, die Liga zu halten. Wir glauben an unsere Idee und wir glauben an die Jungs.

Welche Teams haben Sie als Hauptkonkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt ausgemacht?

Es ist schwer vorherzusagen, da sich viele Teams verändert haben. Wahrscheinlich werden sich Klubs wie der Mitaufsteiger und die Mannschaften aus der Abschlusstabelle der Saison 2024/25 in ähnlichen Regionen bewegen wie wir. Aber letztlich zählt, dass wir den vollen Fokus auf uns legen.

Es sollte nach zwei Jahren in Lübbecke zurück in die Kampa-Halle gehen. Nun verschiebt sich die Rückkehr in die Heimat erneut um Monate bis voraussichtlich Dezember. Was bedeutet das für GWD?

Es ist bitter. Wir haben auf die Rückkehr hingefiebert – emotional, sportlich, wirtschaftlich. Jetzt brauchen wir nochmal Geduld. Aber: Wir wissen, dass die Halle bald fertig sein wird. Und wir bereiten alles so vor, dass der Neustart in Minden ein echtes Highlight wird.

In der sanierten Kampa-Halle ist die für den Spielbetrieb der Bundesliga benötigte Technik fest installiert. Für die Heimspiele in Lübbecke werden Sie die nötige Technik nun zusätzlich einbauen müssen. Was kommt damit auf den Klub zu?

Das bedeutet einen erheblichen Mehraufwand. Wir müssen Technik wie Video-Analyse, Torlinientechnik und Kinexon-Datenerfassung zusätzlich installieren – das kostet Zeit, Geld und Personal. Es ist eine Doppelbelastung, aber wir stemmen das, damit der Spielbetrieb reibungslos läuft.

Es gab nach dem Aufstieg einen Run nach Dauerkarten. Bundesliga in der Kampa-Halle – das lockte die Zuschauer. Nun müssen sich die Fans gedulden. Wie sind die Reaktionen? 

Viele Fans haben Verständnis gezeigt, auch wenn natürlich Enttäuschung da ist. Die Vorfreude auf Bundesliga-Handball in Minden ist riesig – das sehen wir auch am Dauerkartenverkauf. Wir versuchen, transparent zu kommunizieren und für Verständnis zu werben. Und wir freuen uns umso mehr auf den Moment, wenn es dann wirklich losgeht in der Kampa.

Der Ligaverband HBL schüttet in der 1. Liga mehr Geld aus, aber es gibt auch wachsende Aufgaben und Kosten. Was ändert sich?

Vieles. Dyn übernimmt die TV-Produktion, das entlastet uns etwas. Aber an anderer Stelle steigen die Anforderungen massiv – an Technik, Personal, Infrastruktur. Und in unserem Fall eben doppelt, weil wir vorübergehend zwei Hallen parallel ausstatten müssen. Das ist anspruchsvoll.

Ist GWD Minden bereit für die Bundesliga oder kommt der Aufstieg zu früh?

Was soll man machen? Für manche kommt er zu früh, für andere zu spät. Jetzt ist er da. Und zwar deshalb, weil die Mannschaft gute Arbeit geleistet hat, und das Umfeld und alle, die GWD unterstützen, auch. Keiner kann sagen, wofür es am Ende reichen wird. Aber jetzt kommen der THW Kiel und die Füchse Berlin. Wir werden Nationalspieler, Stars, Welthandballer wieder in Minden sehen. Wir messen uns mit den 17 stärksten Vereinen. Darauf freuen wir uns sehr.

Gibt es Spiele, auf die Sie sich besonders freuen?

Viele! Natürlich auf die Heimspiele gegen Kiel, Berlin oder Flensburg. Aber ich freue mich auch auf das erste Heimspiel in der Kampa-Halle – egal gegen wen. Das wird ein emotionaler Höhepunkt, auf den ich lange gewartet habe.

Wie geht GWD das Abenteuer Bundesliga an?

Mit Demut, aber auch mit großer Vorfreude. Wir wissen, wo wir herkommen, wir wissen, was uns erwartet – und wir wollen mit Mut, Einsatz und Teamgeist für die ein oder andere Überraschung sorgen. Unser Ziel ist klar: Wir spielen um den Klassenerhalt. Alles andere sehen wir dann.

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