Was macht eigentlich Robert Hedin

Veröffentlichung: 23. Februar 2023

Der beschauliche Petershäger Ortsteil Meßlingen hatte in den neunziger Jahren einen berühmten Einwohner: Robert Hedin, schwedischer Handball-Nationalspieler in Reihen von GWD Minden, wohnte mit seiner Frau und vier Kindern im Ort Links der Weser, der rund 500 Einwohner zählt. Von 1993 bis 1998 spielte der wurfgewaltige Rückraum-Linke bei GWD und prägte hier eine eigene Ära.

Geboren wurde Robert Hedin am 2. Februar in der südschwedischen Hafenstadt Ystad, dem Ort also, in dem der Roman- und Filmkommissar Kurt Wallander einst für Recht und Ordnung sorgte. Ystads IF war sein erster Verein. Nach den Auslandsstationen Stavanger IF und BM Benidorm kam Robert 1993 zu GWD Minden. Er war der erste Schwede, der bei den Grün-Weißen anheuerte. Ihm sollten wahre Heerscharen weiterer schwedischer Handballer folgen, von denen Tomas Axner und Dalibor Doder ähnlich prägend wie Robert Hedin wurden.

Hedin wurde auf Anhieb Leitwolf der Truppe, die einen ganz speziellen Auftrag hatte: Nach dem bitteren Abstieg des Jahres 1986 sollte der grün-weiße Traditionsklub endlich wieder den Aufstieg schaffen. In Hedins zweiter Saison glückte das Vorhaben endlich. Der erfolgreiche Kader bestand neben Robert Hedin aus den Torhütern Volker Hoffmann, Jens Engelhardt und Jens Buhrmester sowie aus Bodo Leckelt, Frank von Behren, Kai Stolze, Norbert Gregorz, Hajo Wulff, Joachim Sproß, Ralf Böhme, Thomas Oehme, Walter Schubert, Andreas Bock, Marten Julius und Stefan Dessin. Trainer war mit Dietmar Molthahn ein Dankerser Urgestein.

Die Dankerser waren damals ein verschworener Haufen, auch privat unternahmen sie viel zusammen. Nach dem Aufstieg feierten sie zwei Wochen lang nahezu jeden Abend. In der Saison 1995/96 blieb Hedin unter Trainer Jürgen Kloth der Kapitän der Mannschaft. Legendär waren in dieser Zeit nicht nur die Derbys gegen den TuS N-Lübbecke, sondern auch die Duelle der beiden Platzhirsche – Hedin in grün-weiß und Bogdan Wenta in rot-schwarz. Radio-Westfalica-Moderator Carsten Dehne erinnert sich: „Mich hat das eher an Ringkämpfe erinnert.“

Robert Hedin war auch aufgrund seiner unaufgeregten, nahbaren Art bei den Fans sehr beliebt. Doch GWD Minden veränderte sich. Die Verantwortlichen stellten ein Kader zusammen, in dem internationale Stars wie Welthandballer Stéphane Stoecklin standen, der teuer war und den Verein an den Rand des Ruins brachte. Nachdem Jürgen Riechmann und Horst Bredemeier begonnen hatten den Karren aus dem Dreck zu ziehen und den Kader radikal umzubauen, endete 1998 auch Robert Hedins Zeit an der Weser. In der Saison 2002/03 kehrte er als Spieletrainer des TuS N noch einmal in den Mühlenkreis zurück. Danach konzentrierte er sich ganz auf das Trainerfach. Unter anderem war er bei der MT Melsungen tätig, auch als Nationaltrainer Norwegens. Als solcher wurde er von den GWD-Verantwortlichen übrigens zu seiner Meinung zu Christopher Rambo gefragt: er riet zu einer Verpflichtung.

Im Jahr 2018 entdeckte seine Frau eine Stellenausschreibung, in der die USA einen Nationaltrainer suchte. „Sie sagte: Das klingt irgendwie lustig, das ist doch was für dich“, blickt er zurück. Unter 70 Bewerbern wurde er ausgewählt, mit dem Ziel, die USA zu den Panamerikanischen Spielen zu führen.

Im Rahmen dieser Vorbereitung kam Robert Hedin mit den US-Boys im August 2018 nach Dankersen, um im Vorfeld des Sportmenüs ein Testspiel gegen das von Moritz Schäpsmeier trainierte GWD Minden II zu bestreiten. Die Amerikaner waren völlig überfordert und wurden vom Drittligisten mit 19:41 demontiert. Zwischenstände von 20:5 und 34:8 zeigen, dass das Ergebnis noch ziemlich geschmeichelt war. „Athletisch sind die Jungs teilweise unglaublich gut, taktisch können sie aber null.“, schilderte Hedin damals.

Was er in den viereinhalb Jahren danach geleistet hat, ist schier unglaublich. Die Amerikaner qualifizierten sich für die WM im Januar in Polen und Schweden. Am 13. Januar in Jönköping gelang den USA mit einem 28:27 gegen Marokko der erste WM-Sieg überhaupt. Dabei kassierte Hedin wegen Benutzung des Auszeit-Buzzers bei Marokkos Ballbesitz in der hektischen Schlussphase allerdings die Blau Karte. Dennoch: Der Einzug in die Hauptrunde war geschafft, in der es mit einem 24:22 gegen Belgien einen weiteren Erfolg gab.

 

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