Gegnervorschau TBV Lemgo Lippe

Veröffentlichung: 05. April 2023

Nach dem schier unglaublichen sechsten Platz in der Vorsaison war den meisten Betrachtern im Vorfeld klar, dass Trainer Florian Kehrmann und seiner Mannschaft in dieser Saison kein ähnliches Kunststück gelingen würde: Zu schwer wog der Abgang von Jonathan Carlsbogard, dem schwedischen Europameister, der in Angriff wie Abwehr zentrale Rollen einnahm. Für ihn kam mit dem Dänen Emil Laerke ein echter Distanzschütze, der bislang aber noch nicht so recht zündet. Für Linksaußen Bjarki Mar Elisson aus Island, den Torschützen vom Dienst, kam der Schweizer Samual Zehnder, der diese Rolle ebenfalls ausfüllt. Aktuell liegt der TBV ohne Abstiegssorgen im unteren Tabellenmittelfeld.

Anfang der Achtziger Jahre, die große Ära von Grün-Weiß Dankersen war gerade abgelaufen, da stieg der TBV zunächst in die 2. Liga, dann in die Bundesliga auf. Zwei Dankerser Legenden verhalfen den OWL-Kollegen maßgeblich zu diesen Erfolgen: Herbert Lübking führte Lemgo als Trainer in den Profibereich, sprich in die 2. Liga. Horst Bredemeier, der 1979 den letzten GWD-Titel holte, brachte den TBV Lemgo 1983 in die Bundesliga.

Immer wieder schön klingt die Geschichte, wie Hotti Volker Zerbe entdeckte, den 2,11 langen Linkshänder, der später zur TBV-Legende und zu einer solchen im Nationaltrikot werden sollte: „Der hat damals immer bei uns beim Training zugeschaut. Ich habe ihn irgendwann gefragt, ob er auch Handball spiele, und er sagte: Ja, aber beim TV Lemgo. Der spielte damals ziemlich niederklassig, und Volker war auch in keiner Kreisauswahl oder so, das muss man sich mal vorstellen. Ich habe ihn dann nach und nach in der Ersten eingebaut, zunächst in der Abwehr, dann auch im Angriff. Er hat sich sensationell entwickelt“, blickt der GWD-Vorsitzende zurück.

Von einem Team, das in den Achtziger Jahren noch um den Klassenerhalt kämpfte, arbeitete sich der TBV langsam in Richtung Mittelfeld empor. Entscheidende Figuren waren neben Zerbe die beiden Ungarn Lajos Mocsai als Trainer und Laszlo Marosi als zunächst linker Rückraumspieler, der später zum Linksaußen umfunktioniert wurde. 1994 kam der spätere Welthandballer Daniel Stephan zum TBV, und er sollte mit Spielern wie dem Schweizer Marc Baumgartner, Spielmacher Markus Baur, immer noch Zerbe oder Kreisläufer Christian Schwarzer eine ganz besondere Ära einläuten. 1995 wurde der erste DHB-Pokalsieg geholt, 1997 folgte die erste Deutsche Meisterschaft. Der nationale Titelgewinn von 2003 war etwas ganz Besonderes: Abgesehen von Baumgartner waren sämtliche Leistungsträger Deutsche, und der Begriff „TBV Deutschland“ wurde zum geflügelten Wort. Zudem perfektionierte Trainer Volker Mudrow die noch relativ neue Regelung „Schnelle Mitte“, mit der sein Team die Konkurrenz geradezu überrannte. Gleichzeitig stellte der Titel auch so etwas wie das Ende dieser Ära dar, auch wenn 2006 und 2010 noch der Gewinn des EHF-Pokal gelang.

Kurz darauf knallte es im Lipperland. Wie aus heiterem Himmel erschien die Nachricht „Lemgo wendet Insolvenz ab.“ Probleme mit dem Hauptsponsor führten dazu, dass die Lemgoer fortan finanziell kleinere Brötchen backen mussten. Der früherer Hahler, Nordhemmeraner und Dankerser Niels Pfannenschmidt übernahm das Traineramt, 2014 folgte Florian Kehrmann, der bis heute die Verantwortung trägt.

Zuletzt feierte der TBV Erfolge, die bei der Etathöhe des Klubs geradezu sensationell waren. 2020 gewann Lemgo den DHB-Pokal, räumte dabei im Halbfinale nach großem Rückstand den THW Kiel aus dem Weg. In der Vorsaison schaffte man erneut den Sprung ins Final Four des DHB-Pokals sowie den bereits oben erwähnten großartigen sechste Platz in der Bundesliga-Abschlusstabelle.

 

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