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Frank von Behren zurück bei GWD / Sportlicher Leiter will auf eigene Talente setzen
Er ist in der A-Jugend mit GWD Minden Deutscher Meister geworden. Frank von Behren weiß, wie man es als Talent in die Bundesliga schafft. Als neuer Sportlicher Leiter will er möglich vielen Nachwuchsspielern diesen Traum erfüllen. Der 40-Jährige muss bei GWD den nächsten Umbruch einleiten. Eine Mammutaufgabe, weil die Konkurrenz immer größer wird. Der frühere Nationalspieler wird sich mit Herzblut in die neue Aufgabe stürzen, denn er sagt: „GWD ist einfach mein Verein.“
Frank von Behren, Du hast Deine ersten Wochen als Sportlicher Leiter von GWD hinter Dir: Wie ist der neue Job?
Es war schon während meiner aktiven Karriere immer mein Ziel, im Handballbereich weiterarbeiten zu können. Dafür hatte der Handball bereits einen zu großen Platz in meinem Leben eingenommen. Die Chance zu bekommen, in der Bundesliga eine Mannschaft zusammenstellen und mitentwickeln zu dürfen, ist eine spannende und reizvolle Aufgabe für mich.
Seit wann schwirrt Dir dieser Job bei GWD durch den Kopf?
Ich habe diese Möglichkeit schon zu meiner aktiven Zeit in Erwägung gezogen, das muss ich zugeben. GWD ist einfach mein Verein und der Klub, der mich am meisten geprägt hat. Unvergessen bleibt für mich das letzte Spiel gegen Flensburg-Handewitt 2008, als wir mit dem ,,Wunder von Flensburg“ den Abstieg verhindert haben. Hotti hat mich während meiner Karriere immer begleitet. Auch Dietmar Molthahn als mein „Entdecker“ oder Tiger Gieseking begleiten mich seit über 20 Jahren. Darüber bin ich sehr froh und dankbar.
Was hat sich hier in den vergangenen Jahren verändert?
Eigentlich gar nicht so viel. Natürlich sind die Rahmenbedingungen etwas anders, auch die Trainingsarbeit ist detaillierter geworden. Handball ist aktuell medial nicht so präsent, die Euphorie ist nicht mehr so da. Auch für die Top-Spieler gibt es mittlerweile neben der Bundesliga andere spannende Ziele in Frankreich, Polen oder Ungarn. Für einen Verein wie GWD ist es viel schwieriger geworden, Top-Spieler zu verpflichten. Es gibt viel Konkurrenz.
Horst Bredemeier ist seit 20 Jahren GWD-Manager, hat damit eine Ära geprägt. Wie tritt man in solche Fußstapfen?
Ich empfinde das nicht als Bürde, sondern profitiere von seinem Erfahrungsschatz. Er hat GWD in den letzten 20 Jahren in einmaliger Weise geführt und bleibt ein wichtiger Ratgeber. Es ist nun ein Neuanfang, der auch Chancen bietet.
Kannst Du vielleicht kurz Deine Philosophie für die Zukunft erklären?
Ich will eine Mannschaft aufbauen, die GWD in den nächsten Jahren prägt. Wir brauchen ein neues Gesicht. Die Mannschaft soll funktionieren und erfolgreichen und attraktiven Handball spielen – das alles im Rahmen unserer Möglichkeiten.
Kurzfristig musst Du den Kader für die neue Saison zusammenbasteln …
Wir werden nicht nur etwas machen, um etwas zu machen, sondern wir wollen uns verbessern. Jeder neue Spieler muss uns wirklich weiterbringen.
Bleibt es dabei: Der Kader soll 14 Spieler plus zwei Perspektivspieler haben?
Das hängt davon ab, was für einen Kader wir zusammenbekommen. Die Idee von 14 plus zwei ist nicht in Stein gemeißelt.
GWD steckt noch im Abstiegskampf: Wie wichtig ist für Dich als Sportlicher Leiter Planungssicherheit?
Ganz wichtig, weil alle Spieler in der 1. Bundesliga spielen wollen. Weiß man nicht, wie es weitergeht, gehen die interessanten Spieler zu anderen Vereinen.
Du hast viele Kontakte in der Handball-Welt. Wie entscheidend ist das für Deinen neuen Job?
Das ist Voraussetzung und erleichtert die tägliche Arbeit. Beim Scouting benötige ich Vertrauenspersonen, die sich in den internationalen Ligen richtig gut auskennen. Wir können ja nicht alles im Blick haben. Um Infos zu sammeln und Spieler zu bewerten, brauche ich unbedingt diese Kontakte.
Eins steht schon fest: Im Sommer fängt Markus Kalusche als Geschäftsführer an. Er kommt auch aus Hille. Wie gut kennt ihr euch?
Obwohl wir fast gleich alt sind und aus dem gleichen Ort kommen, kannten wir uns vorher nicht. Aber ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm.
Du selbst hast vor achteinhalb Jahren Deine Karriere beendet: Wie war für Dich die Zeit danach?
Erst einmal schön, weil die Wochenenden endlich frei waren und ich den Tagesablauf selbst bestimmen konnte. Es war eine Befreiung, weil ich körperlich nicht mehr in der Lage war, Bundesliga-Handball zu spielen. Direkt nach dem Karriereende hatte ich eine schwierige, aber auch lehrreiche Zeit, da musste ich mich in vielem umstellen und vieles ordnen. Als Leistungssportler war ich sehr auf mich fixiert und habe mich für wenig außerhalb des Handballs interessiert. Das Karriereende war also auch eine Chance, mich persönlich weiterzuentwickeln.
Welche Rolle spielt die Psyche eines Handballers?
Die Mentalität und die psychische Belastbarkeit sind entscheidende Faktoren. Das Mentaltraining als Unterstützung zum körperlichen Drill findet immer mehr Befürworter. Die Psyche ist ein entscheidender Faktor, Spieler wie Nikola Karabatic wirft nichts aus der Bahn, andere kippen in Drucksituationen um oder ziehen sich zurück.
Studium, Spielerberater, TV-Experte für Eurosport und Sky, Marketingchef und Co-Trainer beim Bergischen HC: Was hat Dich in den vergangenen Jahren besonders geprägt?
Alles war wichtig, um mich nach meiner Karriere weiterzuentwickeln und das Business von allen Seiten zu verstehen. Das Studium hat mir eine gute Grundlage gegeben, durch den Job beim Fernsehen war ich immer am Ball und mit allen in Kontakt, beim BHC habe ich viel über Vereinsabläufe gelernt.
Wie wichtig und wie schwierig ist es, neben der Karriere als Handballer eine Ausbildung oder ein Studium durchzuziehen?
Man muss frühzeitig einen eigenen Plan haben. Ein Studium nebenbei ist schwierig, aber machbar, da es mittlerweile viele Anbieter von Fernstudiengängen gibt. Grundsätzlich erfordert es aber sicher viel Selbstdisziplin, neben dem Leben als Handball-Profi noch eine Ausbildung zu absolvieren. Und selbst, wenn man einen Abschluss schafft: Nach der Handball-Karriere steht der Spieler ohne Praxiserfahrung in seinem gelernten Beruf da, dann geht es fast nur über Vitamin B.
Wenn man seinen Spielern Möglichkeiten zur Ausbildung gibt, ist das einfach nur menschlich oder schafft man sich damit eine eigene Schwäche als Verein, weil die Spieler nicht voll auf den Handball fokussiert sind?
Man kann den Spielern dafür schlecht trainingsfrei geben. Sie sind beim Verein als Profisportler angestellt und verdienen gutes Geld. Doch auch die Spieler wissen, dass diese Zeit endlich ist. Deshalb würde ich jeden Spieler unterstützen, wenn es passt.
Welche Rolle spielt aus Deiner Sicht in Zukunft der GWD-Talentschuppen?
Eine übergeordnete Rolle. GWD ist bekannt als Ausbildungsverein, aber die Konkurrenz in der Bundesliga verfügt teilweise über eine bessere Infrastruktur. Dadurch, dass mittlerweile auch die großen Vereine in Jugendarbeit investieren, hat GWD nicht mehr den Vorsprung von früher. Eigene Spieler für die Bundesliga auszubilden und zu fördern, bleibt das Traummodell. Das ist unser Ziel. Die Jugendarbeit ist eine Investition in die Zukunft.
Heute gibt es Smartphones, Internet, tausend Angebote: Wie kann man Kinder noch für Handball begeistern?
In dem wir richtig gute Angebote machen und zeigen, wie toll Mannschaftssport ist. Das kann man so nicht in der virtuellen Welt erleben. Außerdem ist Sport gesund und perfekt, um die Sozialkompetenz auszubilden. Wir müssen versuchen, Kinder mit attraktivem Handball zu begeistern.
Wie wichtig ist es in diesem Zusammenhang, dass eine Handball-WM oder EM im Fernsehen für alle zu sehen ist?
Unfassbar wichtig. Die Nationalmannschaft ist das Zugpferd. Sind die DHB-Jungs präsent und erfolgreich, gibt es einen positiven Effekt, wie 2007 und 2016. Dann wollen die Kids auch aufs Tor werfen, und Zuschauer entdecken Handball als attraktiven Sport. Wenn Handball im Fernsehen nicht stattfindet, ist das tödlich.
Wo steht GWD in fünf Jahren?
Im Tabellen-Mittelfeld der Bundesliga, mit einer sympathischen Mannschaft, die attraktiven Handball spielt und viele begeisterte Mindener in die neue Handball-Arena am Hauptbahnhof lockt.
Interview: Stefan Rüter
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